Fremd­vergleich­grundsatz und Verrechnungs­preis­dokumentation

1. DEFINITION

Der Fremdvergleichsgrundsatz (arm’s length principle“) nach § 1 Abs. 1 AStG ist immer dann zu beachten, wenn zwischen zwei nahestehenden Personen nach § 1 Abs. 2 AStG Geschäftsbeziehungen bestehen. Das gilt auch dann, wenn einzelne Wirtschaftsgüter (Entstrickung) oder der gesamte Geschäftsbetrieb auf ein anderes Unternehmen übertragen werden (Funktionsverlagerung; außergewöhnlicher Geschäftsvorfall).

2. DIE AUSWIRKUNGEN FÜR AUSWANDERER

Für Auswanderer ist der Fremdvergleichsgrundsatz meist dann relevant, wenn ein Unternehmen (z.B. eine GmbH für den Vertrieb) in Deutschland bestehen bleibt und im Ausland ein neues Unternehmen gegründet wird. Dabei ist es irrelevant, ob es sich um Mutter-Tochter-Gesellschaften oder Schwestergesellschaften handelt. Wenn diese Unternehmen miteinander Geschäfte durchführen, müssen die Preise nach dem Fremdvergleichsgrundsatz bestimmt werden. Das heißt, es müssen „Preise (Verrechnungspreise), zugrunde legt „werden“, […] „wie“ sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten (Fremdvergleichsgrundsatz)“.

Dafür haben sich in der Praxis verschiedenen Verrechnungspreismethoden etabliert, die die echten Marktverhältnisse nach dem Fremdvergleichsgrundsatz abbilden können. Primär sind das die Preisvergleichsmethode (vergleichbare Preise mit fremden Dritten bzw. fremde Dritte untereinander), die Kostenaufschlagsmethode (Vollkosten zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags) und die Wiederverkaufspreismethode (Endpreis abzüglich einer angemessenen Marge).

Diese Preisermittlung sollte sorgfältig dokumentiert werden, insbesondere da für Auslandsachverhalte erhöhte Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 AO bestehen. Folgende drei Punkte sollten die Aufzeichnungen erfüllen:

  • Ein sachverständiger Dritter sollte leicht nachvollziehen können, dass der Leistungsempfänger einen Bedarf an und Nutzen aus den Leistungen hatte und der die Leistungen nicht aus internen Ressourcen leisten konnte.
  • Ein sachverständiger Dritter sollte leicht nachvollziehen können, dass marktübliche Preise für die Leistungen abgerechnet wurden.
  • Ein sachverständiger Dritter sollte leicht nachvollziehen können, dass die Leistungen tatsächlich erbracht wurden.

Außerdem sollten neben dem Fremdvergleichsgrundsatz die Regelungen zur verpflichtenden Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation beachtet werden. Sofern die Vergütungen zwischen verbundenen Unternehmen für die Lieferung von Gütern oder Waren 6.000.000 € bzw. mit anderen Leistungen als die Lieferung von Gütern oder Waren 600.000 €überschreiten, ist eine Verrechnungspreisdokumentation nach § 90 Abs. 3 AO zu erstellen (vgl. § 6 Abs. 3 GAufzV). Diese Anforderung greift ab dem Wirtschaftsjahr, das dem Wirtschaftsjahr der erstmaligen Überschreitung der Grenze folgt.

Insgesamt sollte daher diese Grenze genau im Blick behalten werden. Es empfiehlt sich immer, die Verrechnungspreisdokumentation zeitnah und proaktiv zu erstellen. Die Verrechnungspreisdokumentation kann in einer Betriebsprüfung mit einer Frist von 60 Tagen angefordert werden. Eine nicht vorgelegte bzw. unverwertbare Verrechnungspreisdokumentation stellt eine Verletzung der Aufzeichnungspflichten dar und kann zu verschiedenen Sanktionen führen. Neben der (widerlegbaren) Vermutung, dass die Einkünfte höher sind, können bei einer Schätzung der steuerpflichtigen Einkünfte Preisspannen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden und Strafzuschläge i.H.v. mind. 5.000 € bzw. zwischen 5% und 10% des Mehrbetrages der Einkünfte festgesetzt werden. Bei verspäteter Vorlage kann ein Zuschlag von bis zu 1.000.000 €, mindestens jedoch 100 € für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung, erhoben werden.

Die Pflicht zur Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation bei außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen (z.B. einer Funktionsverlagerung) ist außerdem zu beachten.

Entsprechend sollten für jede unternehmensinterne Geschäftsbeziehung Aufzeichnungen erstellt werden. Am geeignetsten haben sich hier unternehmensinterne, schriftliche Verträge und Rechnungen mit entsprechender Leistungsdokumentation gezeigt.

3. WEITERE HINWEISE

Wann die Dokumentationspflichten durch eine Auswanderung greifen, wird im Zusatzmodul: „Melde- und Dokumentationspflichten durch eine Auswanderung“ in unserem Online-Programm erklärt.

Was genau unter dem gewöhnlichen Aufenthalt zu verstehen ist, erklären wir in diesem Fachartikel. Was du beachten musst, wenn du deinen Wohnsitz abmelden möchtest, erfährst du hier.

Hier kannst du die einzelnen Gesetzestexte nachlesen:

  • § 1 Abs. 1 AStG „(1) Werden Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus einer Geschäftsbeziehung zum Ausland mit einer ihm nahe stehenden Person dadurch gemindert, dass er seiner Einkünfteermittlung andere Bedingungen, insbesondere Preise (Verrechnungspreise), zugrunde legt, als sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten (Fremdvergleichsgrundsatz), sind seine Einkünfte unbeschadet anderer Vorschriften so anzusetzen, wie sie unter den zwischen voneinander unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären. Steuerpflichtiger im Sinne dieser Vorschrift ist auch eine Personengesellschaft oder eine Mitunternehmerschaft; eine Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft ist selbst nahestehende Person, wenn sie die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt. Für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes ist davon auszugehen, dass die voneinander unabhängigen Dritten alle wesentlichen Umstände der Geschäftsbeziehung kennen und nach den Grundsätzen ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter handeln. Führt die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes zu weitergehenden Berichtigungen als die anderen Vorschriften, sind die weitergehenden Berichtigungen neben den Rechtsfolgen der anderen Vorschriften durchzuführen.„ 
  • § 90 Abs. 2 AO „2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Bestehen objektiv erkennbare Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Steuerpflichtige über Geschäftsbeziehungen zu Finanzinstituten in einem Staat oder Gebiet verfügt, mit dem kein Abkommen besteht, das die Erteilung von Auskünften entsprechend Artikel 26 des Musterabkommens der OECD zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung von 2005 vorsieht, oder der Staat oder das Gebiet keine Auskünfte in einem vergleichbaren Umfang erteilt oder keine Bereitschaft zu einer entsprechenden Auskunftserteilung besteht, hat der Steuerpflichtige nach Aufforderung der Finanzbehörde die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides statt zu versichern und die Finanzbehörde zu bevollmächtigen, in seinem Namen mögliche Auskunftsansprüche gegenüber den von der Finanzbehörde benannten Kreditinstituten außergerichtlich und gerichtlich geltend zu machen; die Versicherung an Eides statt kann nicht nach § 328 erzwungen werden. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.„ 
  • § 6 Abs. 3 GAufzV „(3) Zusammenhängende inländische Unternehmen im Sinne der §§ 13, 18 und 19 der Betriebsprüfungsordnung vom 15. März 2000 (BStBl I S. 368) in der jeweils geltenden Fassung und inländische Betriebsstätten von dem Steuerpflichtigen nahestehenden Personen sind für die Prüfung der Betragsgrenzen nach Absatz 2 zusammenzurechnen.„

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