Erbschaftssteuer und Auswanderung

1. DEFINITION

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG besteht die Inländereigenschaft für deutsche Staatsangehörige noch 5 Jahre nach ihrem Wegzug ins Ausland weiter, solange die deutsche Staatsangehörigkeit beibehalten wird. Damit bleibt man nach der Auswanderung also noch 5 Jahre unbeschränkt steuerpflichtig für die Erbschaftssteuer, auch wenn man im Ausland lebt.

[Aus Vereinfachungsgründen besprechen wir nur einen Erbfall. Eine Schenkung ist vergleichbar zu behandeln. Der Begriff „Steuerpflicht“ bezieht sich in diesem Glossar immer auf eine „Erbschaftssteuerpflicht“ und nicht die „Ertragssteuerpflicht“.]

Bei der Erbschaftssteuer sind immer zwei Steuerpflichtige zu betrachten, der Erblasser und der Erwerber (Erbe). Für eine steueroptimierte Gestaltung bei der Erbschaftssteuer müssten also beide Steuerpflichtigen aus Deutschland ins Ausland auswandern.

2. DIE AUSWIRKUNGEN FÜR AUSWANDERER

Für Auswanderer kann eine Erbschaftssteuer im Einzelfall zu einer Doppelbesteuerung und damit einer Steuerbelastung von deutlich über 50 Prozent (Fälle mit bis zu 70 Prozent sind bekannt) führen. Das ist insbesondere bei Dreiecksfällen relevant (mehrere Wohnsitze eines Steuerpflichtigen im In- und Ausland bzw. nur im Ausland, Erblasser und Erbe in zwei verschiedenen Ländern mit Erbschaftssteuer, betroffenes Vermögen qualifiziert als Inlandsvermögen in einem weiteren Staat etc.). Es muss also bei jedem Erbfall immer geprüft werden, in welchen Ländern welche Steuerpflicht vorliegt.

Außerdem muss neben der unbeschränkten Steuerpflicht auch bei der Erbschaftssteuer  die beschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG und die erweitert beschränkte Steuerpflicht nach § 4 AStG beachtet werden.

Liegt kein Fall der unbeschränkten Steuerpflicht vor, so kann ein beschränktes Besteuerungsrecht für die Erbschaftssteuer für Deutschland bestehen, wenn im Inland belegene Vermögenswerte durch bzw. an Nichtansässige als Schenkung oder von Todes wegen übergehen. Als Inlandsvermögen gilt nur das in § 121 BewG aufgeführte Vermögen. Hierzu gehören insbesondere das inländische unbewegliche Vermögen, Betriebsstätten, Anteile an inländischen Kapitalgesellschaften von mindestens 10 Prozent und weitere in inländische Register eingetragene Rechte oder Forderungen. Die Erbschaftssteuer ist also auf dieses Vermögen beschränkt. Das gilt unabhängig davon, wie lange man schon im Ausland lebt.

Die Voraussetzungen für die Anwendung der erweitert beschränkten Steuerpflicht für die Erbschaftssteuer sind im Wesentlichen die gleichen wie bei der Anwendung der erweitert beschränkten Steuerpflicht auf die Einkommensteuer nach § 2 AStG. Vor allem ist ein Wegzug in ein Niedrigsteuerland nach § 4 Abs. 2 AStG entscheidend. Durch § 4 Abs. 1 AStG wird die beschränkte Steuerpflicht über die in § 121 BewG genannten Wirtschaftsgüter hinaus auf alle Vermögenswerte ausgedehnt, deren Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht zu den ausländischen Einkünften i.S. des § 34c Abs. 1 EStG gehören. Auch die Zwischenschaltung einer Auslandsgesellschaft nach § 5 AStG kann die Anwendung der erweitert beschränkten Steuerpflicht für die Erbschaftssteuer nicht vermeiden. Wie auch bei der erweitert beschränkten Steuerpflicht auf die Einkommensteuer nach § 2 AStG sind die Auswirkungen der erweitert beschränkten Steuerpflicht auf die Erbschaftssteuer begrenzt. Diese würde etwa auf Spareinlagen und Bankguthaben bei Geldinstituten im Inland greifen. Zur Vermeidung sollte man diese Spareinlagen und Bankguthaben also in das Ausland verlagern.

3. WEITERE HINWEISE

Die Erbschaftssteuer nach der Auswanderung kann leicht zu Doppelbesteuerung führen und ist in einigen Konstellationen ähnlich komplex wie die Auswirkungen einer Auswanderung bei den Ertragssteuern.

Was genau unter dem gewöhnlichen Aufenthalt zu verstehen ist, erklären wir in diesem Fachartikel. Was du beachten musst, wenn du deinen Wohnsitz abmelden möchtest, erfährst du hier.

Hier kannst du die einzelnen Gesetzestexte nachlesen:

  • § 2 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG (1) Die Steuerpflicht tritt ein1. in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9) ein Inländer ist, für den gesamten Vermögensanfall (unbeschränkte Steuerpflicht). Als Inländer gelten….b) deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben,…“
  • § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG „(1) Die Steuerpflicht tritt ein
    ….in allen anderen Fällen für den Vermögensanfall, der in Inlandsvermögen im Sinne des § 121 des Bewertungsgesetzes besteht (beschränkte Steuerpflicht). Bei Inlandsvermögen im Sinne des § 121 Nr. 4 des Bewertungsgesetzes ist es ausreichend, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes oder der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung entsprechend der Vorschrift am Grund- oder Stammkapital der inländischen Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Wird nur ein Teil einer solchen Beteiligung durch Schenkung zugewendet, gelten die weiteren Erwerbe aus der Beteiligung, soweit die Voraussetzungen des § 14 erfüllt sind, auch dann als Erwerb von Inlandsvermögen, wenn im Zeitpunkt ihres Erwerbs die Beteiligung des Erblassers oder Schenkers weniger als ein Zehntel des Grund- oder Stammkapitals der Gesellschaft beträgt.“
  • § 4 AStG „(1) War bei einem Erblasser oder Schenker zur Zeit der Entstehung der Steuerschuld § 2 Abs. 1 Satz 1 anzuwenden, so tritt bei Erbschaftsteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 des Erbschaftsteuergesetzes die Steuerpflicht über den dort bezeichneten Umfang hinaus für alle Teile des Erwerbs ein, deren Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte im Sinne des § 34d des Einkommensteuergesetzes wären.(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn nachgewiesen wird, daß für die Teile des Erwerbs, die nach dieser Vorschrift über § 2 Abs. 1 Nr. 3 des Erbschaftsteuergesetzes hinaus steuerpflichtig wären, im Ausland eine der deutschen Erbschaftsteuer entsprechende Steuer zu entrichten ist, die mindestens 30 Prozent der deutschen Erbschaftsteuer beträgt, die bei Anwendung des Absatzes 1 auf diese Teile des Erwerbs entfallen würde.“ 
  • § 121 BewG Zum Inlandsvermögen gehören:1. das inländische land- und forstwirtschaftliche Vermögen;2. das inländische Grundvermögen;3. das inländische Betriebsvermögen. Als solches gilt das Vermögen, das einem im Inland betriebenen Gewerbe dient, wenn hierfür im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist;4. Anteile an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Gesellschaft Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat und der Gesellschafter entweder allein oder zusammen mit anderen ihm nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes in der jeweils geltenden Fassung, am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mindestens zu einem Zehntel unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist;5. nicht unter Nummer 3 fallende Erfindungen, Gebrauchsmuster und Topographien, die in ein inländisches Buch oder Register eingetragen sind;6. Wirtschaftsgüter, die nicht unter die Nummern 1, 2 und 5 fallen und einem inländischen Gewerbebetrieb überlassen, insbesondere an diesen vermietet oder verpachtet sind;7. Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden und andere Forderungen oder Rechte, wenn sie durch inländischen Grundbesitz, durch inländische grundstücksgleiche Rechte oder durch Schiffe, die in ein inländisches Schiffsregister eingetragen sind, unmittelbar oder mittelbar gesichert sind. Ausgenommen sind Anleihen und Forderungen, über die Teilschuldverschreibungen ausgegeben sind;8. Forderungen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter und aus partiarischen Darlehen, wenn der Schuldner Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat;9. Nutzungsrechte an einem der in den Nummern 1 bis 8 genannten Vermögensgegenstände.

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