Ansässigkeit bei Tie-Breaker-Rule und Doppelwohnsitz

1. Definition

Nach § 1 Abs. 1 EStG sind „natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, […] unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.“ Das bedeutet aber noch lange nicht, dass auch alle Einkünfte in Deutschland zu besteuern sind. Grundsätzlich spielt es für die Besteuerung keine Rolle, ob ausländische oder inländische Einkünfte erzielt werden. Die Steuer auf ausländische Einkünfte i.S.d. § 34d EStG wird über § 34c EStG auf die deutsche Steuer angerechnet. Damit wird die Besteuerung der ausländischen Einkünfte faktisch auf deutsches Niveau angehoben. Ein Doppelbesteuerungsabkommen kann das verhindern, wenn das Besteuerungsrecht dem ausländischen Staat zugewiesen wird. Und für die Zuordnung des Besteuerungsrechts ist meist die steuerliche Ansässigkeit entscheidend. Sollte die Ansässigkeit nicht eindeutig bestimmbar sein, wird das über die sog. Tie-Breaker-Rule entschieden.

2. Die Auswirkungen der Tie-Breaker-Rule für Auswanderer

Für Auswanderer kann das in den drei folgenden Situationen relevant sein:

  1. Die wirksame Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht erfolgt verspätet und es werden schon vorher Einkünfte im Ausland erzielt, z.B. durch Gründung eines Unternehmens im Ausland und dem Bezug von Gehalt.
  2. Die wirksame Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht missglückt, da z.B. noch Verfügungsmacht über eine Wohnung in Deutschland besteht.
  3. Eine wirksame Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht ist nicht möglich, da z.B. die Familie in Deutschland zurückbleibt.

Wenn dann ein Doppelbesteuerungsabkommen vorhanden ist, kann dieses vor einer Besteuerung in Deutschland über eine „Gestaltung in die richtige Ansässigkeit“ schützen. In der Regel liegen in diesen Fällen zwei Wohnsitze (Doppelwohnsitz) vor. Es ist aber auch der ständige (gewöhnliche) Aufenthalt in beiden Ländern ausreichend. Dann greift die Tie-Breaker-Rule. Dabei ist im ersten Schritt der Wohnsitz entscheidend. Wenn dieser in beiden Staaten vorliegt, ist der Mittelpunkt der Lebensinteressen das nächste Entscheidungskriterium. Kann der Mittelpunkt der Lebensinteressen nicht eindeutig bestimmt werden bzw. liegt in keinem der beiden Staaten ein Wohnsitz vor, ist der ständige/gewöhnliche Aufenthalt entscheidend. Der ständige/gewöhnliche Aufenthalt kann nur eindeutig bestimmt werden, da es nur einen einzigen (oder keinen) ständigen/gewöhnlichen Aufenthalt geben kann. Problematisch ist das nur dann, wenn kein ständiger/gewöhnlicher Aufenthalt vorhanden ist. Dann folgt die Staatsangehörigkeit als Entscheidungskriterium. Das ist meist relativ eindeutig. Wenn aber eine Staatsangehörigkeit beider Staaten oder keines der Staaten vorliegt, verbleibt nur eine Verständigung zwischen den jeweiligen Behörden.

Auf Basis der Ansässigkeit erfolgt dann die Zuordnung des Besteuerungsrechts. In vielen Fällen hat der Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht. Wenn das der ausländische Staat ist, werden in den meisten Fällen die ausländischen Einkünfte von der deutschen Besteuerung freigestellt. Und damit wird vermieden, dass die Steuerlast auf deutsches Niveau angehoben wird.

Außerdem kann in solchen Fällen durchaus ein Unternehmen im Ausland gegründet und aufgebaut werden. Mit dem richtigen Setup sind die Einkünfte des Unternehmens im Ausland nicht in Deutschland zu besteuern.

3. Weitere Hinweise

Die Anwendung eins Doppelbesteuerungsabkommens und der Tie-Breaker-Rule ist Teil eines steueroptimalen Setups im Ausland, dem siebten Schritt der 7 Schritte zu einer rechtssicheren Auswanderung. Eine Übersicht aller 7 Schritte gibt es im Fahrplan zu einer rechtssicheren Auswanderung.

Was genau unter dem gewöhnlichen Aufenthalt zu verstehen ist, erklären wir in diesem Fachartikel. Was du beachten musst, wenn du deinen Wohnsitz abmelden möchtest, erfährst du hier.

Hier kannst du die einzelnen Gesetzestexte nachlesen:

  • § 1 Abs. 1 EStG „(1) 1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. 2Zum Inland im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zustehende Anteil 1. an der ausschließlichen Wirtschaftszone, soweit dort a) die lebenden und nicht lebenden natürlichen Ressourcen der Gewässer über dem Meeresboden, des Meeresbodens und seines Untergrunds erforscht, ausgebeutet, erhalten oder bewirtschaftet werden, b) andere Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Erforschung oder Ausbeutung der ausschließlichen Wirtschaftszone ausgeübt werden, wie beispielsweise die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind oder c) künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in den Buchstaben a und b genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden, und 2. am Festlandsockel, soweit dort a) dessen natürliche Ressourcen erforscht oder ausgebeutet werden; natürliche Ressourcen in diesem Sinne sind die mineralischen und sonstigen nicht lebenden Ressourcen des Meeresbodens und seines Untergrunds sowie die zu den sesshaften Arten gehörenden Lebewesen, die im nutzbaren Stadium entweder unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden verbleiben oder sich nur in ständigem körperlichen Kontakt mit dem Meeresboden oder seinem Untergrund fortbewegen können; oder b) künstliche Inseln errichtet oder genutzt werden und Anlagen und Bauwerke für die in Buchstabe a genannten Zwecke errichtet oder genutzt werden.“
  • § 34d EStG „Ausländische Einkünfte im Sinne des § 34c Absatz 1 bis 5 sind 1. Einkünfte aus einer in einem ausländischen Staat betriebenen Land- und Forstwirtschaft (§§ 13 und 14) und Einkünfte der in den Nummern 3, 4, 6, 7 und 8 Buchstabe c genannten Art, soweit sie zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören; 2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15 und 16), a) die durch eine in einem ausländischen Staat belegene Betriebsstätte oder durch einen in einem ausländischen Staat tätigen ständigen Vertreter erzielt werden, und Einkünfte der in den Nummern 3, 4, 6, 7 und 8 Buchstabe c genannten Art, soweit sie zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören, b) die aus Bürgschafts- und Avalprovisionen erzielt werden, wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz in einem ausländischen Staat hat, oder c) die durch den Betrieb eigener oder gecharterter Seeschiffe oder Luftfahrzeuge aus Beförderungen zwischen ausländischen oder von ausländischen zu inländischen Häfen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit solchen Beförderungen zusammenhängenden, sich auf das Ausland erstreckenden Beförderungsleistungen; 3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18), die in einem ausländischen Staat ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist, und Einkünfte der in den Nummern 4, 6, 7 und 8 Buchstabe c genannten Art, soweit sie zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehören; 4. Einkünfte aus der Veräußerung von a) Wirtschaftsgütern, die zum Anlagevermögen eines Betriebs gehören, wenn die Wirtschaftsgüter in einem ausländischen Staat belegen sind, b) Anteilen an Kapitalgesellschaften, aa) wenn die Gesellschaft Geschäftsleitung oder Sitz in einem ausländischen Staat hat oder bb) deren Anteilswert zu irgendeinem Zeitpunkt während der 365 Tage vor der Veräußerung unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent auf in einem ausländischen Staat belegenen unbeweglichen Vermögen beruhte und die Anteile dem Veräußerer zu diesem Zeitpunkt zuzurechnen waren; für die Ermittlung dieser Quote sind die aktiven Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens mit den Buchwerten, die zu diesem Zeitpunkt anzusetzen gewesen wären, zugrunde zu legen; 5. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19), die in einem ausländischen Staat ausgeübt oder, ohne im Inland ausgeübt zu werden oder worden zu sein, in einem ausländischen Staat verwertet wird oder worden ist, und Einkünfte, die von ausländischen öffentlichen Kassen mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden. 2Einkünfte, die von inländischen öffentlichen Kassen einschließlich der Kassen der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundesbank mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis gewährt werden, gelten auch dann als inländische Einkünfte, wenn die Tätigkeit in einem ausländischen Staat ausgeübt wird oder worden ist; 6. Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20), wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz in einem ausländischen Staat hat oder das Kapitalvermögen durch ausländischen Grundbesitz gesichert ist; 7. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21), soweit das unbewegliche Vermögen oder die Sachinbegriffe in einem ausländischen Staat belegen oder die Rechte zur Nutzung in einem ausländischen Staat überlassen worden sind. Bei unbeweglichem Vermögen, das zum Anlagevermögen eines Betriebs gehört, gelten als Einkünfte im Sinne dieser Nummer auch Wertveränderungen von Wirtschaftsgütern, die mit diesem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen; 8. sonstige Einkünfte im Sinne des § 22, wenn a) der zur Leistung der wiederkehrenden Bezüge Verpflichtete Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz in einem ausländischen Staat hat, b) bei privaten Veräußerungsgeschäften die veräußerten Wirtschaftsgüter in einem ausländischen Staat belegen sind, c) bei Einkünften aus Leistungen einschließlich der Einkünfte aus Leistungen im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 9 der zur Vergütung der Leistung Verpflichtete Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz in einem ausländischen Staat hat.“
  • § 34c EStG „(1) 1Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, ist die festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt; das gilt nicht für Einkünfte aus Kapitalvermögen, auf die § 32d Absatz 1 und 3 bis 6 anzuwenden ist. 2Die auf die ausländischen Einkünfte nach Satz 1 erster Halbsatz entfallende deutsche Einkommensteuer ist in der Weise zu ermitteln, dass der sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens, einschließlich der ausländischen Einkünfte, nach den §§ 32a, 32b, 34, 34a und 34b ergebende durchschnittliche Steuersatz auf die ausländischen Einkünfte anzuwenden ist. 3Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens und der ausländischen Einkünfte sind die Einkünfte nach Satz 1 zweiter Halbsatz nicht zu berücksichtigen; bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte sind die ausländischen Einkünfte nicht zu berücksichtigen, die in dem Staat, aus dem sie stammen, nach dessen Recht nicht besteuert werden. 4Gehören ausländische Einkünfte der in § 34d Nummer 3, 4, 6, 7 und 8 Buchstabe c genannten Art zum Gewinn eines inländischen Betriebes, sind bei ihrer Ermittlung Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen abzuziehen, die mit den diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. 5Die ausländischen Steuern sind nur insoweit anzurechnen, als sie auf die im Veranlagungszeitraum bezogenen Einkünfte entfallen.(2) Statt der Anrechnung (Absatz 1) ist die ausländische Steuer auf Antrag bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen, soweit sie auf ausländische Einkünfte entfällt, die nicht steuerfrei sind.(3) Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, bei denen eine ausländische Steuer vom Einkommen nach Absatz 1 nicht angerechnet werden kann, weil die Steuer nicht der deutschen Einkommensteuer entspricht oder nicht in dem Staat erhoben wird, aus dem die Einkünfte stammen, oder weil keine ausländischen Einkünfte vorliegen, ist die festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen, soweit sie auf Einkünfte entfällt, die der deutschen Einkommensteuer unterliegen.(4) (weggefallen)(5) Die obersten Finanzbehörden der Länder oder die von ihnen beauftragten Finanzbehörden können mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen die auf ausländische Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer ganz oder zum Teil erlassen oder in einem Pauschbetrag festsetzen, wenn es aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist oder die Anwendung des Absatzes 1 besonders schwierig ist.(6) 1Die Absätze 1 bis 3 sind vorbehaltlich der Sätze 2 bis 6 nicht anzuwenden, wenn die Einkünfte aus einem ausländischen Staat stammen, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht. 2Soweit in einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Anrechnung einer ausländischen Steuer auf die deutsche Einkommensteuer vorgesehen ist, sind Absatz 1 Satz 2 bis 5 und Absatz 2 entsprechend auf die nach dem Abkommen anzurechnende und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer anzuwenden; das gilt nicht für Einkünfte, auf die § 32d Absatz 1 und 3 bis 6 anzuwenden ist; bei nach dem Abkommen als gezahlt geltenden ausländischen Steuerbeträgen sind Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 nicht anzuwenden. 3Absatz 1 Satz 3 gilt auch dann entsprechend, wenn die Einkünfte in dem ausländischen Staat nach dem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit diesem Staat nicht besteuert werden können. 4Bezieht sich ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht auf eine Steuer vom Einkommen dieses Staates, so sind die Absätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden. 5In den Fällen des § 50d Absatz 9 sind die Absätze 1 bis 3 und Satz 6 entsprechend anzuwenden. 6Absatz 3 ist anzuwenden, wenn der Staat, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht, Einkünfte besteuert, die nicht aus diesem Staat stammen, es sei denn, die Besteuerung hat ihre Ursache in einer Gestaltung, für die wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen, oder das Abkommen gestattet dem Staat die Besteuerung dieser Einkünfte.(7) Durch Rechtsverordnung können Vorschriften erlassen werden über 1. die Anrechnung ausländischer Steuern, wenn die ausländischen Einkünfte aus mehreren fremden Staaten stammen, 2. den Nachweis über die Höhe der festgesetzten und gezahlten ausländischen Steuern, 3. die Berücksichtigung ausländischer Steuern, die nachträglich erhoben oder zurückgezahlt werden.“

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