Wer auswandern möchte und den richtigen Zeitpunkt sucht, denkt meist als erstes an Faktoren wie Kündigungsfristen, Flugpreise, Jahreszeiten und die Flucht vor schlechtem Wetter. Doch die Auswanderung zu einer bestimmten Zeit im Kalenderjahr ist aus steuerlicher Sicht mindestens genauso interessant. Nur die wenigstens Auswanderer verlassen das Land zum 31. Dezember eines Jahres und setzen dadurch einen klaren Schnitt.
Daher stellt sich für viele Auswanderer die Frage, was es für die Steuerpflicht bedeutet, wenn sie im Laufe des Kalenderjahres auswandern. Hinzu kommen Themen wie die Berechnung der 183-Tage-Regelung bei unterjähriger Auswanderung und die Suche nach dem besten Zeitpunkt, um Steuern zu sparen.
In diesem Artikel beantworte ich die wichtigsten Fragen zu diesem Thema und zeige dir, welche steuerlichen Auswirkungen der Zeitpunkt deiner Auswanderung hat.
Das ist eine der häufigsten Fragen, die leider an vielen Stellen unterschiedlich und oft falsch beantwortet wird. Daher ganz deutlich zur Klarstellung: es macht hier steuerlich grundsätzlich keinen Unterschied, ob du in der ersten oder zweiten Jahreshälfte auswanderst. Denn du wirst in jedem Fall zur unbeschränkten Steuerpflicht veranlagt und musst eine Steuererklärung abgeben. Der Gesetzgeber hat in § 2 (7) S. 3 EStG Folgendes geregelt:
„Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.“
Das bedeutet, dass du in Deutschland eine Steuererklärung abgeben musst, auch wenn du nur einen einzigen Tag unbeschränkt steuerpflichtig warst. Zunächst kommt es hier darauf an, ob du einen Tag im Jahr einen Wohnsitz in Deutschland hattest. Deinen Wohnsitz musst du innerhalb von zwei Wochen abmelden, wenn du aus einer Wohnung ausziehst und anschließend auswanderst. Nur wenn du keinen Wohnsitz in Deutschland hast, wird auf deinen gewöhnlichen Aufenthalt und damit auf die 183-Tage-Regelung zurückgegriffen. Der 1. Januar spielt dabei meist gar keine Rolle. Denn bei der Berechnung der 183 Tage wird rollierend und kalenderjahrübergreifend gerechnet.
Beispiel: Du wanderst am 10. Februar aus Deutschland aus. Für die Berechnung der 183-Tage-Regelung wird der Zeitraum ab 11. August des Vorjahres betrachtet. Warst du in dieser Zeit in Deutschland (kurzfristige Auslandsaufenthalte sind unerheblich)?
Dann hast du bis zum Tag deiner Auswanderung einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Die 183-Tage-Regelung spielt dabei also nur eine Rolle, wenn du z.B. erst zum 01. Januar nach Deutschland eingewandert bist.
Tatsächlich ist es steuerlich günstiger, zum Jahresende auszuwandern. Du machst damit einen klaren Schnitt bei deiner Besteuerung in Deutschland. Die Gründung eines ausländischen Unternehmens sollte erst anschließend erfolgen. So musst du in deiner letzten deutschen Steuererklärung keine Angaben zu deinem ausländischen Unternehmen und zu deinen ausländischen Einkünften machen.
Wenn du unterjährig auswanderst, macht es steuerlich kaum einen Unterschied, welchen Zeitpunkt im Jahr du wählst. Schließlich du musst immer deine Einkünfte bis zur Auswanderung voll versteuern. Ab dem Tag deiner Auswanderung musst du dann nur noch deine beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte versteuern, z.B. Mieteinkünfte für Immobilien in Deutschland. Bei einer unterjährigen Auswanderung macht es vor allem Sinn, Einkünfte aus deinem ausländischen Unternehmen, die dir persönlich zufließen, erst im Jahr nach der Auswanderung zu erhalten. Denn bei Kapitalgesellschaften greift das sogenannten Trennungsprinzip und hier wären nur Einkünfte relevant, die du dir auszahlst, z.B. als Gehalt oder Dividende. Bei einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft musst du die Einkünfte aber in Deutschland angeben.
Das wollen wir uns jetzt einmal genauer ansehen.
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Wenn du nicht zum 31. Dezember, sondern im laufenden Kalenderjahr auswanderst, solltest du bei der Steuererklärung einige Besonderheiten beachten. Sofern du z.B. ein Gehalt von einer ausländischen Kapitalgesellschaft beziehst (z. B. von einer Zypern Limited) und du diese Einkünfte in deinem neuen Wohnsitzstaat versteuerst, musst du diese Einkünfte auch in deiner letzten deutschen Steuererklärung angeben. Diese ausländischen Einkünfte erhöhen deinen persönlichen Steuersatz für deine in Deutschland steuerpflichtigen Einnahmen. Diese Erhöhung des Steuersatzes nennt sich „Progressionsvorbehalt“.
Das ist an sich der größte Nachteil einer unterjährigen Auswanderung. Ein weiteres Manko: das deutsche Finanzamt weiß über deine ausländischen Tätigkeiten Bescheid. Wie du siehst, gibt es daher mehrere Gründe, erst im Jahr nach deiner Auswanderung auf persönlicher Ebene ausländische Einkünfte zu erzielen. Und auch bei einer unterjährigen Auswanderung gilt: gründe dein Unternehmen im Ausland besser erst nach deiner Auswanderung, idealerweise sogar erst im darauffolgenden Jahr. Denn nach § 138 (2) Abgabenordnung bist du zur Meldung jeder Unternehmensgründung verpflichtet, solange du einen Wohnsitz oder deinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hast.
In Einzelfällen ist das jedoch nicht möglich. Dann solltest du die steuerlichen Auswirkungen genau bedenken und dich hierzu umfassend beraten lassen.
Du kannst sowohl unterjährig als auch zum 31. Dezember auswandern, ohne einen nennenswerten Steuernachteil zu haben. Allerdings solltest du vermeiden, in deiner deutschen Steuererklärung ausländische Einkünfte angeben zu müssen, die dann dem Progressionsvorbehalt unterliegen und somit deinen Steuersatz erhöhen. Daher ist es sinnvoll, erst im Jahr nach der Auswanderung persönliche ausländische Einkünfte zu erzielen.
Und genau hierin könnte der Haken liegen, wenn du als Unternehmer etwa zum Jahresanfang auswanderst. Denn dann ist eventuell der Zeitraum bis zum nächsten Kalenderjahr zu lange, um mit der Gründung des neuen Unternehmens im Ausland oder der Auszahlung von Gehalt zu warten. Insgesamt kommt es auf deine individuelle Situation und deine Tätigkeit an, ob auch eine Zwischenphase ohne Unternehmen in Frage kommt. Unter Umständen kannst du dein deutsches Unternehmen auch erstmal behalten, obwohl ich davon eher abrate.
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Mit der Reihe „Wann macht eine Auswanderung als Unternehmer Sinn?“ will ich die wichtigste Frage vieler Unternehmer für oder gegen ein Auswanderung beantworten: Macht der ganze Aufwand auch finanziell wirklich Sinn? Du solltest die vier Artikel auf jeden Fall lesen, wenn du wissen willst
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